Große Konzerne oder agile Start-ups: In der öffentlichen Wahrnehmung gelten diese Player als Vorreiter bei Innovationen und disruptiven Technologien. Doch unser KI-Report deckt Überraschendes auf: Es ist in Wirklichkeit der größere Mittelstand (250 – 999 Mitarbeitende), der die KI-Umsetzung stärker vorantreibt. Großkonzerne agieren oft vorsichtiger und kleinere Unternehmen bleiben zögerlich. Das gilt sowohl für den aktuellen Einsatz als auch für geplante Investments. So setzen 65 % der befragten Mitarbeitenden von Mittelständlern KI-Tools bei ihrer Arbeit ein. Das entspricht einem Plus von fünf Prozent im Vergleich mit Konzernangehörigen. Auch bei der Automatisierung einfacher Aufgaben in der Produktion hat der Mittelstand mit 32 % versus 28 % in Großunternehmen die Nase vorn. Ähnlich ausgeprägt ist der Unterschied bei den Future Plans: 28 % der befragten Führungskräfte aus dem Mittelstand wollen in den kommenden zwölf Monaten im Bereich von 11 % bis zu 25 % des Jahresumsatzes in KI-Lösungen investieren. Bei den Führungskräften aus Konzernen planen 24 % Investitionen in dieser Größenordnung.
Doch warum ist das so? Unserer Erfahrung nach liegt der – wenn auch leichte aber vorhandene –Vorsprung der Mittelständler hauptsächlich an folgenden Faktoren:
- Wettbewerbsdruck: Der Mittelstand befindet sich oft in einem intensiven Wettbewerbsumfeld. Er muss neue Technologien schneller adaptieren, um effizienter zu arbeiten und die eigene Marktposition zu sichern.
- Unternehmensstruktur: Die Entscheidungswege im Mittelstand sind oft kürzer. Von den initialen Strategiemeetings bis zum ersten Pilotprojekt vergeht in der Regel deutlich weniger Zeit als in Konzernen.
- Fachkräftemangel: Der Fachkräftemangel trifft Großunternehmen oft nicht in gleichem Maß. Deshalb spüren sie häufig (noch) nicht den gleichen Druck, Prozesse an die KI auszulagern wie der Mittelstand.
- Resilienz: Der Mittelstand hat tendenziell größere Schwierigkeiten, KI-Konzepte umzusetzen als Großunternehmen. 58 % der mittelständischen Unternehmen berichten von Schwierigkeiten, Proof of Concepts (PoCs) in den Live-Betrieb zu überführen. Bei Konzernen sind es nur 45 %. Doch auch diese Challenges bremsen nicht die Euphorie für die neue Technologie.
- Potenziale: Durchschnittlich sieht der Mittelstand größere Potenziale in KI als Großunternehmen. Dementsprechend motivierter ist er bei der Umsetzung. So veranschlagen Firmen mittlerer Größe mehrheitlich eine Zeitersparnis von 2 bis 3,5 Stunden pro Woche durch den Einsatz von KI. Bei den Konzernen liegt der Höchstwert bei lediglich 0,5 bis 1,5 Stunden in der Woche.
- Human Factor: Ein zentraler Erfolgsfaktor des Mittelstands bei KI ist es, die Mitarbeitenden einzubinden. 51 % der mittelständischen Befragten erleben, dass den Teams anhand konkreter Use Cases der Praxisnutzen von KI verständlich gemacht wird. Dies tun nach eigenen Angaben nur 40 % der Konzerne. Diese Ausrichtung zeigt sich auch in regelmäßigen Feedbackgesprächen, die im Mittelstand häufiger stattfinden (46 %) als in großen Unternehmen (31 %).
Die Zahlen zeigen: Während Konzerne zurückhaltender agieren, nutzt der Mittelstand seine Flexibilität und Nähe zu den Teams, um KI-Initiativen schneller und gezielter umzusetzen. Ob im Wettlauf mit dem Fachkräftemangel oder im Ringen um Zeitersparnis – die mittelständischen Unternehmen setzen auf pragmatische Lösungen und treiben die Einführung neuer Technologien im Vergleich oft entschlossener voran.